EUROMEISLAMME
During my school years they had class lists with the student’s names and their confession of faith written on them. Whenever someone noticed the word ‘Islam’ next to my name, I explained: “That’s just because of my dad”. I was not sure yet, if I really believed in Islam. But growing up, there was always freedom to find out.
Currently fear of Islam is growing in Europe and Muslims are subject to increasing rejection and acts of aggression. Because there is not enough positive representation of Islam, we need to intensify the dialogue about our coexistence. Islam and home, Islam and sexuality, Islam and feminism, Islam and European values – those things are not contrary and young Muslims now live more independently and liberated from religious and cultural rules.
‘EURO ME ISLAM ME’ lets young people with a Muslim background explain to us what their personal story and interpretation of Islam looks like. All of them grew up within a mix of Arabic, Islamic, European and Western culture – they are part of a global generation, that exists in between cultures and beyond borders.
This is an ongoing project! Please contact me, if you want to participate.
Ich hasse den Begriff Integration. Für viele heißt das, sich einfügen, so zu werden wie alle anderen. Das finde ich voll gefährlich. Die Gesellschaft verliert an Vielfalt, Diskussionskultur, Meinungsäußerung, Sprache und Kultur.
Aber das wird in Österreich nicht gefördert. Man lernt in der Schule Fremdsprachen, aber keine die es bereits in Österreich gibt. Kein Türkisch, Serbisch, Kroatisch, Russisch, Arabisch und Farsi. Dass sich in Europa Kulturen mischen wird noch immer nicht als Wert und Identität anerkannt. Je mehr wir uns dem entziehen, desto mehr sortieren wir aus.
Islam und Europa ist problematisch geworden, weil man den Leuten nicht zuerkennt, dass sie Muslime und auch Europäer und Europäerinnen sind. Wir geben ihnen das Gefühl, sie müssen sich entscheiden. Wenn man immer hört: „Du gehörst nicht hier her“, aber hier geboren und aufgewachsen ist, wird einem der Boden unter den Füßen weggezogen. Das führt dazu, dass sich Menschen eine Gruppe suchen, die sie anerkennt und ihnen eine Aufgabe gibt. Ich glaube es gibt viele, die sagen: „Ich habe mit meiner anderen Identität nichts zu tun.“ und sich dabei anlügen. Ich habe das in den ersten drei Jahren in der Schule auch gemacht, weil der Unterricht und Deutsch lernen schon schwer genug war.
Man darf in der Debatte über Islam und Europa den Diskurs unter Muslimen nicht vergessen. Wir Muslime sollten uns jetzt zurücknehmen und das, was uns ausmacht neu definieren. Da wurde sehr vieles verabsäumt. Wir müssen einige Punkte neu aufrollen: Islam und seine Werte, der gesellschaftliche Einfluss und die neue Herausforderung, weil er jetzt nach Europa gezogen ist. Wenn diese Diskussion öffentlich passiert und das auch in einen Multireligionsunterricht übertragen wird, ergibt sich eine Gesprächsrunde der gesamten Gesellschaft.
Luna, 26, Wien
Es nervt mich, dass oft von mir verlangt wird Stellung zu beziehen. Genau zu wissen wer ich bin, wenn ich noch dabei bin mich selbst kennenzulernen. In unserer Zeit musst du immer erklären was du vertrittst und wer du bist.
Österreich hat eine verschlossene und christliche Einstellung zum Islam. Leute finden: Das ist fremd, das gehört zum Orient, das kennen wir nicht. Trotzdem gibt es die Freiheit deine Religion auszuüben, was ich sehr schätze.
Mit 17 habe ich begonnen mehr Bücher über den Islam zu lesen und mit Freunden zu sprechen. Dann dachte ich mir: „Irgendwie bin ich bereit das Kopftuch zu tragen.“ Meine Eltern rieten mir davon ab, sie waren besorgt, dass ich auf der Straße angegriffen werden könnte. Aber es hat mir eine spezielle Stärke verliehen. Etwas, das ich nicht mit Worten beschreiben kann. Mittlerweile kann ich darüber lachen, wenn ich Dinge höre wie: „Wird der nicht heiß im Sommer?“, „Die werden alle gezwungen!“ oder „Ich habe mal eine mit Burka gesehen, die hat mich so angeschaut, ich hab’ noch nie so einen Blick von jemanden bekommen.“ Die Debatte über das Kopftuch läuft auf einer falschen Ebene. Die einen sagen: „Die werden unterdrückt, wir müssen sie befreien!“ und die anderen: „Das ist nur ein Stück Stoff, warum regst du dich auf?“ Für mich ist das Kopftuch nicht nur ein Stück Stoff, es ist mit Erfahrungen und Gefühlen verbunden.
Junge Muslime merken, dass Religion und Tradition unterschiedliche Dinge sind. Unsere Eltern tendieren dazu, einiges weiterzugeben, das nicht aus der Religion, sondern ihrer Kultur kommt. Wir müssen verlernen, was wir über den Islam wissen. Schon Ghazali, ein Mystiker aus dem 12. Jahrhundert, meinte die Tradition hindere ihn daran, sich selbst und der Religion näher zu kommen.
Meine künstlerischen Arbeiten spiegeln meine Identität und den Islam wieder. Es geht um Gott, die Einfachheit des Lebens und den Fokus den man dabei behalten muss.
Hibat, 19, Wien
Ich glaube nicht, dass ich alleine auf den Islam gekommen wäre. Meine Eltern sind sehr religiös und ich habe ziemlich viel Zeit mit ihnen verbracht. Trotzdem durfte ich die Dinge immer so sehen, wie ich wollte. Es gab sozusagen das Maximum an Religion von zuhause und zusätzlich das europäische Umfeld um mich.
Meine Schulzeit habe ich als einziger Muslim auf einer katholischen Schule verbracht. Ich habe aber nie gespürt, dass ich Muslim bin. Jeder akzeptierte: Ali ist Muslim, Ali trinkt nicht, Ali fastet einen Monat. Mit 16 habe ich mich gefragt, ob ich wirklich an den Islam glaube und gemerkt, dass ich die Frage mit Ja beantworten kann und nicht nur das mache, was meine Eltern sagen.
Der Islam ist der Rahmen in dem ich lebe. Ich bin gläubig, aber sehr introvertiert mit meinem Glauben. Mein Vater findet Islam ist etwas soziales und wollte, dass ich einen muslimischen Freundeskreis aufbaue. Aber für mich ist die Familie Gruppendynamik genug. Ab und zu gehe ich in die Moschee in der man mich kennt und oft kommt dann die Frage, wo ich die letzten Monate war. Irgendwie passe ich nicht ganz in das Bild meines religiösen Umfelds hinein und in meinem Freundeskreis habe ich auch eine besondere Position.
Ich bin nicht der Meinung, dass es egal ist wo man her kommt. Mein Vater sagt, er kommt aus dem Irak, aber seine Heimat ist in Österreich. Es ist auch schön, wenn sich ein Türke, der in Deutschland aufgewachsen ist „Deutsch-Türke“ nennt. Das passiert in Österreich nicht, hier bedeutet Integration ein Österreicher zu werden. Ich bin mit dieser Kultur nie warm geworden und wäre liebend gerne in Bagdad aufgewachsen. Natürlich bin ich dankbar, dass ich in Europa sein darf. Aber der Grund warum es dem Irak schlecht geht, liegt in Mitteleuropa und Amerika. Ich finde, es ist mein gutes Recht zu sagen: „Hey Leute, ich bin kein Österreicher, ich bin eigentlich Iraker, aber euch habe ich zu verdanken, dass ich nicht im Irak sein kann.“
Ali, 26, Berlin
Zu verstehen, dass ich das, was ich glauben will, auch glauben darf war eine Hürde für mich. Ich denke viele Muslime lernen diese Hürde kennen, sodass sich der Islam weiterentwickeln und verändern wird.
Zwischen zwölf und vierzehn Jahren war ich gläubig, habe das Kopftuch getragen und fast jeden Tag gebetet. Mein Glaube ging vor allem von meinem Papa aus, der aber weder praktiziert, noch das ausstrahlt, was ich unter dem Islam verstehe. Meine Mama war praktizierende Muslima, bis sich meine Eltern getrennt haben. Sie hat mich dazu bewegt, mehr zu hinterfragen und nachzulesen. Wir sind, was den Islam angeht, nicht immer einer Meinung. Bei vielen Muslimen gibt es kein links und rechts, nur geradeaus. Das wollte ich nicht und habe eindeutig gesagt, dass ich austrete. Mein Papa war auch eine Weile ohne Bekenntnis, deswegen verstehe ich nicht, warum er meine Entscheidung nicht versteht.
Es gibt viele junge Leute, die ihre Religion hinterfragen aber Angst davor haben, von der Familie verstoßen zu werden oder in die Hölle zu kommen. Aus so einem Grund sollte man sein Leben nicht einschränken. Ein Mädchen in der Arbeit trägt das Kopftuch, serviert aber trotzdem Hot Dogs und Bier, was laut dem Islam nicht erlaubt ist. Sie möchte sich den europäischen Umständen entsprechend anpassen und sich nicht mit Niqab in einer Ecke verkriechen.
Der Islam hat mich zu der Person gemacht, die ich jetzt bin. Ich bin stolz darauf, ich würde nie sagen: „Oh mein Gott, ich war so dumm.“ Es ist ein Teil von mir. Weil das Beten sehr wichtig für mich war, meditiere ich auch jetzt noch, um im Einklang mit mir selbst zu sein. Ich glaube an etwas Größeres, an ein Urvertrauen in Allem und Jeden. Aber ich glaube nicht an Himmel und Hölle oder, dass für alle dieselben Regeln aus einem Buch gelten. Es ist ja nicht jeder Mensch gleich.
Fatima, 18, Wien
Ich glaube nicht an den Islam. Es ist die Religion die mir am nächsten ist, mit der ich am ehesten etwas anfangen kann, aber ich stoße eigentlich alle Religionen ab.
Früher war ich gezwungenermaßen im Religionsunterricht, wo wir meistens eine Stunde lang einfach nur „Allah“ geschrieben haben. Es gab auch Unterricht zuhause, aber das war fast nur Mandala malen. Ich habe nie so richtig verstanden, was das alles mit mir zu tun hat.
Mir war immer klar, dass es besonders war, als unsere Mama ein Kopftuch trug. Aber der Islam hat mich sonst nie beschäftigt. Bis die Pubertät begann. Als wir viele Dinge nicht durften, die andere für selbstverständlich hielten. Es war schwierig mit Burschen befreundet zu sein, oder das anzuziehen was wir wollten. Dinge, die einem mit dreizehn ultra wichtig vorkommen. Mein Papa hat versucht uns hier nach seiner eigenen Kultur zu erziehen, aber das funktionierte nicht. Mädchen gelten als besonders wertvoll, wie ein Schmuckstück, deswegen werden sie so behütet. Ich habe dann eben mega viel gelogen. Es war eine Notwendigkeit, ich hatte nie ein schlechtes Gewissen. Ich dachte mir: „If they don’t give it to me, I’ll take it!“
Die anderen Kinder wussten, dass wir Muslime sind. Ich habe auch oft gesagt: „Ich darf das nicht, meine Eltern sind Muslime, die sind voll streng.“ Ich habe das als Begründung genommen, weil ich mir dachte, die Leute verstehen es besser, wenn ich den Islam erwähne. Weil sie schon irgendein Bild davon haben.
Ich gehöre zu Österreich, aber habe andere Erfahrungen gemacht als andere österreichische Kids. Ich zähle mich dazu, aber ein Part von mir bleibt draußen. Zu Ägypten zähle ich einen Part von mir dazu, aber der Rest bleibt draußen, da bin ich die Fremde, die „Europäerin“. In der Queerszene bin ich ich, mit allem was ich habe. Es sind Menschen, mit denen ich über alles reden kann. Und das verbindet genauso, wie andere Leute ihre Religion verbindet.
Lotta, 21, Wien